“Krummer Penis, Hass als Protest und warum das so nicht geht…”

Heute in meinem Instagram Feed: Eine nackte Trump-Statue mit kleinem gekrümmten Penis und eine Demo in Wien, auf der skandiert wird: "Ganz Wien hasst die FPÖ." Das lässt mich kopfschüttelnd zurück. Warum? Wenn Protest aus Hass und Erniedrigung besteht, verfehlt er seinen Zweck. Beide Protestformen greifen auf abwertende, diffamierende Mittel zurück und bieten keinerlei Raum für echten Dialog oder konstruktive Kritik. Ja, Demokratie braucht Streit – aber eben einen kultivierten, der zu neuen Perspektiven führt. Doch keinen Hass!

Warum sollte der krumme Penis überhaupt zu einem “Schimpfbild” werden? Diese Darstellung verknüpft körperliche Merkmale mit einem sozialen oder politischen Statement und setzt damit voraus, dass Menschen sich für ihre Körper schämen sollten. Ein Angriff auf den Körper zielt auf etwas, das viele Menschen nicht ändern können – und genau hier liegt das Problem. Wird ein Körpermerkmal negativ konnotiert, entsteht ein Gefühl der Minderwertigkeit, das sich auch auf Menschen überträgt, die ähnliche Merkmale aufweisen. Hier wird deutlich, dass es sich um eine Diskriminierung handelt, die auf Ausgrenzung und Abwertung abzielt.

Selbst wenn es sich hier um ein Kunstwerk handelt und Kunst bekanntlich alles darf, handelt es sich doch um ein eindeutiges politisches Statements. Was bringt es, eine Person in ihrer Ganzheit zu beleidigen, statt sich sachlich mit ihrem politischen Handeln auseinanderzusetzen? Solche Darstellungen und Parolen sind eher Ausdruck von Wut und Frust, aber keine zielführenden Mittel, um politische Missstände zu benennen oder zu beseitigen.

Die Philosophin Chantal Mouffe spricht in diesem Zusammenhang von der Transformation des Antagonismus zum Agonismus. Während Antagonismus eine Form des politischen Konflikts ist, bei dem die Gegenseite als Feind betrachtet und damit aus dem demokratischen Diskurs ausgeschlossen wird, bedeutet Agonismus, den anderen als legitimen Gegner anzuerkennen. Ja, manchmal müssen wir auch darüber sprechen, ob eine Partei die Grenzen des Demokratischen sprengt und die Verfassung unterminiert. Das ist auch eine legitime Diskussion (siehe auch AfD).

Aber „Hass“ schafft im politischen Kontext nur verhärtende Fronten. Der Hass auf die FPÖ führt zu Hass unter den Wähler:innen. Die Gegenseite wird entmenschlicht und als reines Feindbild aufgebaut. Ein solcher Antagonismus führt zu einer Eskalation und Polarisierung, anstatt zu einem demokratischen Aushandlungsprozess.

Der Streit in der Demokratie ist unverzichtbar. Aber er sollte auf eine Weise geführt werden, die auf Argumente und Austausch setzt, statt auf Feindbilder und Abwertung. Statt mit beleidigenden Parolen oder dem Körper einer Person zu arbeiten, sollten wir eine Auseinandersetzung darüber führen, was uns politisch bewegt und stört – und zwar auf eine Weise, die sowohl inhaltlich als auch menschlich anständig bleibt.

Die Demokratie lebt von dieser Form des agonalen Streitens, in dem der andere als legitimer Gegner respektiert wird. Nur so kann Veränderung und Entwicklung entstehen, die nicht auf Hass, sondern auf dem Verstehen und Aushandeln von Differenzen basiert.

Zurück
Zurück

Die unerträgliche Leichtigkeit der Langeweile - Einige Anregungen

Weiter
Weiter

Was ist Zeit? Und wie erleben wir sie?